«Raum ist immer auch sozial»

Barbara Emmenegger arbeitet als Soziologin im interdisziplinären Team der Testplaner*innen für den Felsenrain. Sie weiss, was gute Nachbarschaft bedeutet.

 

Bei Testplanung denkt man in erster Linie an Architekt*innen. Was macht eine Soziologin in dem Team?

Wichtig in einem solchen Verfahren ist Interdisziplinarität, ich bringe eine ergänzende Sichtweise ein: Nämlich, dass Raum nicht nur gebaut ist, sondern auch gelebt und organisiert. Raum ist immer auch sozial, er wird von Menschen für Menschen gemacht.

 

Was ist das Besondere am Felsenrain und dieser Aufgabe?

Dass diese beiden Stiftungen, die SWkF und die SAW mit ihren sehr unterschiedlichen Zielgruppen hier zusammen eine Siedlung realisieren möchten. Die Frage lautet: Was bedeutet «zusammen»? Wie weit geht dieses «Zusammen»? Wer benötigt welche Räume, um sich wohlzufühlen? Welche Altersgruppen, Lebensstile und Bedürfnisse treffen hier aufeinander? Eine andere wichtige Frage lautet: Wie ist das Areal an seine Nachbarschaft angeschlossen, welche soziale Infrastruktur ist nötig, damit Verbindungen entstehen? 

 

Jede und jeder hat den Wunsch nach einem guten Zusammenleben? Doch das geht auf vielfältige Weise.  Wie viel Interaktion zwischen Bewohner*innen ist überhaupt wünschenswert?

Ich habe genau zu dieser Frage ein Forschungsprojekt in genossenschaftlichen Siedlungen durchgeführt. Ziel war es, herauszufinden, wie nah sich Nachbarn und Nachbarinnen sind. Das reicht von knappem Grüssen über den gelegentlichen Schwatz bis hin zu engen Freundschaften. Das Ergebnis war, dass eine gute Nachbarschaft eine ist, in der all dies Platz hat. Es kann nicht das Ziel sein, das Gefühl zu haben, man müsse mit allen gut Freundin sein. Das ist zu eng. Aber auch eine rein anonyme Wohnumgebung ist schlecht, in der sich niemand um niemanden kümmert. Ideal ist also eine unterschiedliche Intensität von Nachbarschaften. Damit diese möglich wird, braucht es verschiedene Angebote im öffentlichen Raum aber auch im Innenraum. Das sind unterschiedliche gemeinschaftlich genutzte Räume. Räume wo man sich zufällig begegnen oder gemeinsam etwas umsetzen kann.

 

Gerade ältere Menschen und Familien haben nicht unbedingt dieselben Bedürfnisse an ihre nähere Umgebung. Wie bringt man diese unter einen Hut?

Indem man Räume schafft, die genau diese Bedürfnisse aufnehmen. Also Orte, an denen ältere Leute ihre Ruhe haben. Aber auch solche, in denen sie Kinder um sich herum erleben. Vielleicht sogar in einem solchen Rahmen Aufgaben übernehmen können. Vielfältige Aussen-, aber auch Innenräume bieten solche Möglichkeiten.

 

Die Testplanung ist noch nicht abgeschlossen, gibt es bereits Dinge, die für Sie feststehen?

Wir arbeiten derzeit an zwei planerischen Richtungen, die sich voneinander unterscheiden. Innerhalb von beiden gibt es solche unterschiedlichen Räume. Was dabei am Ende herauskommt, hängt aber davon ab, wie viel Durchmischung oder Homogenität gewünscht werden.

 

Am Ergebnisforum wird Ihre gemeinsame Arbeit präsentiert. Erwarten Sie dort noch einmal Inputs?

Ja, unbedingt. Dort sitzen ganz verschiedene Leute mit spezifischem Wissen, sei dies zum Ort oder zu ihren Bedürfnissen als Bewohner*innen. In diesem Rahmen können noch einmal wichtige Hinweise ins Projekt eingebracht werden.

 

Barbara Emmenegger

Die Soziologin beschäftigt sich mit Raum- und Stadtentwicklung und fragt sich, wie soziale Inhalte in die räumliche Entwicklung gelangen.

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Was genau ist eine Testplanung?